Stellungnahme der FDP/FW-Gemeinderats-Fraktion zum Haushaltsplan 2021
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Molt, sehr geehrte Amtsleiterinnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
Das Jahr 2020 wird uns allen in Erinnerung bleiben, in dem wir erkennen mussten, dass ein kleines Virus alles durcheinanderbringt. Corona – hatte uns im Griff und wird uns auch 2021 im Griff haben und unser Zusammenleben beeinträchtigen. Dies ist irritierend, beängstigend und belastend. Aber wenn wir das Gespräch mit der älteren Generation suchen, der Generation, die noch im letzten Weltkrieg groß geworden ist, dann relativiert das unsere Sorgen von heute doch ungemein.
Wir lassen uns vom Virus nicht unterkriegen und setzen auf ein achtsames, rücksichtsvolles, Genuss und Freiheit einschränkendes Zusammenleben. Dem EGO-Verständnis stehen Disziplin und Ausdauer gegenüber. Gerade in der Pandemie brauchen wir ein wahrhaft liberales Freiheitsverständnis. Wir setzen auf einen liberalen Freiheitsbegriff: Freiheit in Verantwortung.
Wir befinden uns in einer massiven Umbruchzeit, die alle Bereiche menschlichen Lebens betrifft. Wir brauchen Mut, vor allem auch Mut zur Demut. Niemand kennt die Zukunft. Wir wissen alle nicht, woher wir kommen; wir wissen nicht, wohin wir gehen. Dazwischen ist das spannende und geheimnisvolle Leben. Unsere Stärke ist die Leidenschaft. Sie treibt uns an und befähigt uns zu Leistungen – auch in der Kommunalpolitik.
Remshalden ist bisher relativ gut durch die Corona-Krise gekommen. Hoffen wir, dass der Impfstoff, anhaltende Vernunft bei den Menschen, Einhaltung der Regeln, auch wenn diese nicht immer alle direkt nachvollziehbar sind, uns zu einem guten Ende bringen. Hier gilt unser großer Dank dem Corona-Team der Gemeinde, das sehr gute Arbeit unter schwierigen, um nicht zu sagen erschwerten Bedingungen geleistet hat. Unser Dank geht auch an alle Mitarbeiter/innen, die es trotz Corona ermöglichen, dass Pässe ausgestellt werden, geheiratet wird, Beerdigungen stattfinden und eine Notbetreuung angeboten werden kann.
In der Verwaltung, in den Schulen, in unseren Kindertagesstätten arbeiten jeden Tag Menschen, die mit kleinen und großen Sorgen konfrontiert werden. Hier wird ein Mega-Job gemacht! Überall spüren wir den Remshaldener Gemeinsinn. Überall sehen wir, wie Menschen sich auf dynamische Entwicklungen einstellen müssen. Auch in unseren Arztpraxen, den Rettungsdiensten und unserer Feuerwehr erleben wir Menschen, die sich mit Herzblut für andere Menschen einsetzen, sich stark machen und helfen. Auch diesen Menschen gilt unser Dank und unsere Anerkennung. Wir würden uns wünschen, dass alle Remshaldener zusammenkommen, zusammenbleiben, zusammenhalten und wir gestärkt aus dieser Zeit herauskommen. Das Ende der Pandemie ließe sich in einem großen Remshaldener Dankeschön-Fest feiern.
Nun zum HH 2021. Auch in schwierigen Zeiten setzt ein Haushaltsplan Leitplanken für die weitere Entwicklung von Remshalden. Auch in schwierigen Zeiten kommen wir unserer Verantwortung nach und diskutieren Zukunftsthemen. Und in schwierigen Zeiten zeigt sich gute Politik: wir werden auch im Jahr 2021 in die weitere Zukunft investieren. Aber wir können nicht zufrieden sein. Erschwerend und beunruhigend zugleich ist auch der Ausblick in das kommende Jahr. Wir können noch nicht abschätzen, wie sich dieses gesellschaftlich und wirtschaftlich entwickeln wird.
Vermisst haben wir bisher klar definierte Zukunftsimpulse. Dies bedarf einer Weiterentwicklung der dazu notwendigen Zieldefinitionen, damit wir uns zukunftsorientiert ausrichten können, besonders im Hinblick auf die mittelfristige Finanzplanung der Baumaßnahmen.
Schulentwicklung und Digitalisierung
„Non scholae sed vitae diskimus“. Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Diese häufig belächelte Weisheit bekommt heute eine völlig neue Bedeutung. Wir müssen ohne Wenn und Aber unter Pandemiebedingungen in realisierbare und überprüfbare Strategien der Bildung investieren. Dabei sind die Arbeitsfähigkeit und die Chancengleichheit unabdingbare Voraussetzung. Eine gute Ausstattung für unserer Schüler/innen sehen wir als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Ausstattung aller Schüler/innen mit digitalen Endgeräten in Form von Tablets – ohne Rücksicht auf soziale Herkunft muss gerade in Pandemiezeiten sichergestellt werden, um eine gute Bildung nach bildungsgerechten Maßstäben zu gewährleisten. Wir müssen uns 2021 auf Wechselunterricht einstellen, denn trotz Impfung wird uns der Virus das ganze Jahr begleiten. Diese Herausforderung an Schüler, Lehrer, Eltern und Kommune gilt es zu bewältigen. Wir sind nämlich stolz auf unsere Schulen, auf unsere Kinder und Erzieher, die aktuell unter erschwerten Bedingungen, oft eigenverantwortlich, diese Situation meistern müssen. Dies ist keine Selbstverständlichkeit und es ist nicht verwunderlich, dass oftmals die Nerven bei den Betroffenen blank liegen.
Wir halten die Organisation einer Spendenaktion „Für alle Schüler ein Tablet“ für sinnvoll. Dies unterstreicht die gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Personalhaushalt
Der Personalhaushalt wächst um fast 700.000 €. Wir sind uns im Klaren, gutes Personal muss auch gut bezahlt werden. Investiert wird in den pädagogischen Bereich, die EDV, Bauhof, auch in die Ordnungsbehörde. Was uns fehlt sind: Personelle Investitionen in die strategische und wirtschaftliche Ausrichtung in unserer Gemeinde. Hier erbitten wir von der Gemeinde eine grundlegende und zielorientierte Konzeption. Personal nur auf Sicht einzustellen ist nicht zielführend.
Grunbacher Höhe
Die Grunbacher Höhe ist ein sehr wichtiges, gemeindeprägendes Quartier. Wir begrüßen es, dass in den Entwicklungsprozess auch Bürger/innen mit einbezogen werden. Sicher ist die Rentabilität wichtig, aber genauso wichtig ist, dass sich „Wohlfühlen“ in einem Quartier mit Schaffung, Erhalt und Ausbau von Frei,- Grün- und Spielflächen. Entsprechend muss sich die Bebauung vollziehen. Dabei ist auch auf kostenkünstigen Wohnraum oder Sondernutzungen zu achten. Umliegende Möglichkeiten sich zu treffen, z.B. der Gemeindesaal der kath. Kirche, sollten in die Überlegungen mit einbezogen werden.
Die Verfassung des Auslobungstextes für den Realisierungswettbewerb ist der nächste Schritt.
Neubau Kita Wilhelm-Enßle-Str. und Lilienstr.
Den derzeitigen Planungen der neu zu bauenden Kitas stehen wir sehr positiv gegenüber. Gerade im parallelen Bau der Kitas sehen wir erhebliches Einsparpotenzial. Der Bau beider Kitas ist zwingend notwendig, da, nicht nur der Kindergarten in der Jahnstraße im heutigen Zustand so nicht auf weitere Jahre weiterbetrieben werden kann.
Die Planung eines Familienzentrums in der Kita WES halten wir nicht nur für sinnvoll, sondern für notwendig. Wir begrüßen dabei die Kooperation mit der EVA, die in diesem Bereich einen großen Erfahrungsschatz hat, den wir uns zu Nutzen machen können. Ihre vorgestellte Konzeption hat Hand und Fuß, hat uns überzeugt und sollte verwirklicht werden.
Eine interkommunale Zusammenarbeit mit Winterbach wäre ebenso von unserer Seite aus erwünscht und erstrebenswert.
Waldkindergarten
Waldkindergärten unterscheiden sich im Wesentlichen durch zwei große Dinge von anderen Kindergärten: Statt in einem Gebäude halten sich die Kinder vorrangig im Freien auf. Und statt mit hergestelltem Spielzeug spielen sie hauptsächlich mit den Materialien, die ihnen die Natur bietet.
Wer den „Raum als dritten Erzieher“ sieht, versteht schnell, welche große Rolle das Wegfallen von geschlossenen Räumen spielt. Im Waldkindergarten sind Kinder bei jedem Wetter und das ganze Jahr über im Freien und erleben hautnah den Wandel der Jahreszeiten mit allen Veränderungen in der Natur. Liegt im Winter Schnee und das Wasser gefriert in Pfützen, wärmen sie sich an warmem Tee und einem kleinen Feuer. Im Frühjahr kommt das Leben zurück, der Herbst ist voll von Kastanien, Buchäckern und anderen Waldfrüchten. Und rund ums Jahr finden Kinder Stöcke, Blätter und Zweige, die als Spielmaterialien dienen.
Auf den ersten Blick eine begeisternde Konzeption. In der Realität aber leider nur von wenigen Eltern gewollt. Die Festlegung auf die Bereiche Wald und Natur sind nur ein Teil der Lebensrealität. Andere Bereiche wie z.B. die Medienbildung bleiben außen vor.
Kurzfristig ist eine Umsetzung eines Waldkindergartens nicht machbar. Wir möchten die interessierten Eltern ermutigen einen Förderverein zur Gründung eines Waldkindergartens ins Leben zu rufen. Auch einer Erweiterung in einem unserer Kitas mit einer naturnahen Gruppe stehen wir sehr positiv gegenüber.
Haushaltskonsolidierung
Das Ergebnis der Umsetzungen hat noch viel Spielraum nach oben und wir sind sichtlich enttäuscht über das bisher vorliegende Ergebnis. Doch auch hier gilt „Corona lässt grüßen“. Alle angestrebten Maßnahmen vom Anfang des Jahres 2020 wurden durch Covid 19 durcheinandergeschüttelt und mussten auf das Nötigste begrenzt werden. Wir werden heute keine weiteren Anträge stellen, da nicht nur unsere Anträge des letzten Jahres noch aufgearbeitet werden müssen.
Lokaler Klimaschutz
Auch in diesen, von Corona geprägten Zeiten werden wir eine unserer wichtigsten Aufgaben – unseren lokalen Beitrag für den Klimaschutz – nicht aus den Augen verlieren. Wir stehen weiter für einen Klimaschutz der Taten. Wir haben in den letzten Monaten gesehen, wie groß das Interesse aus der Bevölkerung zum Tausend-Bäume-Programm ist. Und dafür werben wir auch im Jahr 2021.
Die Lebensqualität oder die sogenannten weichen Standortfaktoren sind die Benchmark gegenüber anderen Kommunen. Dies gilt nicht nur für die Ansiedlung von Firmen oder den Zuzug von Familien, sondern auch für die Qualität unserer Teilorte. Es gilt für die südlichen Teilorte von Grunbach und Geradstetten, eine intelligente Einbahnstraßenregelung zu finden und unsere Straßen mit blühenden Begrünungselementen zu bepflanzen.
Die besondere Charakteristik der Gemeindefläche erfordert ein flächendeckendes Tempo 30. Dies ist eine sinnvolle und sichere Maßnahme, da eine schnelle Durchfahrt von vielen Bürgern nicht erwünscht ist.
Auf der Suche nach einem bedarfsorientierten, innergemeindlichen Verkehrskonzept sollten alle Mobilitätsarten Berücksichtigung finden. Innergemeindlich sollte die Fahrradmobilität durch geeignete Wege gefördert werden. Ein Fahrradschnellweg ist für unsere Bevölkerung nicht ausreichend. Zusätzlich muss die Gemeinde auch für den Autoverkehr attraktiv bleiben, um nicht Remshaldener Bürger, die auf das Auto angewiesen sind, auszugrenzen. Das Verkehrskonzept muss sowohl den Verkehrsteilnehmern als auch den Anwohnern gerecht werden.
(Lokaler) Klimaschutz braucht neben dem persönlichen Mut eine langfristige, auf Technologie setzende Strategie. Hier könnten wir ein ideenreiches Gremium schaffen, zusammen mit unseren lokalen Naturschützern. Diese Experten agieren subsidiär und damit Gemeinde bezogen. Über die Einstellung eines Klimamanagers sollte diskutiert werden, auch interkommunal. Nützen wir die Krise als Chance.
Investitionen
Wir werden auch in diesem Jahr wieder in unsere Infrastruktur investieren, trotz angespannter Haushaltslage So schaffen wir barrierefreie Bushaltestellen, sanieren Brücken und forcieren den Breitbandausbau. Die Corona-Pandemie zeigt deutlich die Verbreiterung der Handlungsfelder und die Dringlichkeit dieser Maßnahmen. Nicht nur der Wettbewerbsvorteil bei guter Anbindung im gewerblichen Bereich ist von Dringlichkeit. Auch eine gute Erreichbarkeit bei Homeoffice, bei Schülern und Studenten, bei zahlreichen Gruppen der Gesellschaft ist notwendig, da sie darauf angewiesen sind, gut online vernetzt zu sein, um weitgehend ihren Aufgaben ansteckungsfrei nachzugehen.
Dringend notwendig sind die Sanierungen/ Erneuerungen der Wasserleitungen. Wenn täglich viele tausende Liter Wasser im Boden verschwinden, ist dies nicht zu verantworten.
Das kommende Haushaltsjahr ist von vielen Unwägbarkeiten geprägt. Wie stark wird der wirtschaftliche Einbruch sein? Wie wird der Steuerrückgang aussehen? Wie werden die Einkommen belastet werden? Wie werden sich die zu bezahlenden Sozialkosten entwickeln? Wie werden wir die Gewerbesteuerausfälle ausgleichen? Wie werden die Auswirkungen der Krise im kommunalen Haushalt spürbar sein?
Die Entlastung Corona-bedingter Sonderfaktoren durch Veränderungen der Abschreibungsregeln belässt unserer Generation die notwendige Handlungsfähigkeit. Gleichwohl, nachfolgende Generationen müssen die Schulden in den nächsten 50 Jahren wieder erwirtschaften.
DANKE
Zum Schluss geht unser Dank noch an die ganze Verwaltungsspitze. Das letzte Jahr hat Ihnen allen viel abverlangt, teilweise über das eigentlich Machbare hinaus. Trotz allem werden unsere Fragen ernst genommen und beantwortet. Es ist ein gutes Miteinander mit Verständnis auf beiden Seiten. Das gilt auch für unsere Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, die sich mit uns in einem guten Miteinander, in einem angenehmen Austausch und einvernehmlichen Handeln für das Wohlergehen Remshaldens einsetzen.
Die FDP/FW Fraktion stimmt dem Haushalt 2021 in seiner vorliegenden Form zu.
Für Ihre FDP/FW-Fraktion
25.01.2021
Sigrid Pressel
Fraktionsvorsitzende